5
Jan
2008

Running Steel

Da ich zur Zeit dienstfrei habe und keine aktuellen Bonbönchen zu bieten habe, erzähle ich diesmal von einem Einsatz, der schon viele Jahre zurück liegt. Ich habe damals schon nicht ganz verstanden, was in den Leuten genau vorging; vielleicht seht ihr das von "der anderen Seite" klarer und könnt mir die Sache endlich erklären...

Spätdienst, früher Nachmittag, das Wetter ist heiter.
Die Leitstelle teilt meinem Kollegen und mir über Funk mit, dass Passanten eine männliche Person hilflos in einem Beet liegend gefunden haben.
(Eine hilflose Person. Das heißt, wir fahren dahin und schauen, was mit dem Mann ist. Manchmal ist es lediglich ein Obdachloser, der bloß ein wenig schlafen will. Manchmal findet man jemanden, der zu betrunken ist, um seinen Weg alleine fortzusetzen. Und ganz selten braucht jemand tatsächlich medizinische Hilfe.)
Wir suchen die Örtlichkeit auf und treffen zunächst auf einen Mann, Mitte Dreißig, Brille. Er winkt uns und kommt auf uns zu.
"Hallo, ich hatte angerufen. Mein Sohn und ich haben den Mann gefunden. Ich zeige Ihnen mal die genaue Stelle."
In den Augenblick kommt ein ca. 10 Jahre alter Junge um die Häuserecke gerannt.
"Papa, Papa. Kommt schnell - der ist gerade aufgestanden und geht weg."
Erschrocken ruft der Vater uns zu: "Schnell kommen Sie - der haut sonst ab!!!"
Vater und Sohn rennen geschwind um die Hausecke.
Der Kollege und ich schauen uns verblüfft an. Äh, haben wir da was mißverstanden? Irritiert verfallen wir in einen langsamen Trab und folgen unseren Zeugen.
Wir holen sie an der nächsten Kreuzung ein, wo sie schwer keuchend in alle Richtungen schauen.
"Mist. Der muss sich richtig beeilt haben. Ich glaube den kriegen wir nicht mehr", keucht der Vater bedauernd.
"Der hat aber nichts gemacht, der lag da bloß so, oder?", frage ich vorsichtig noch mal nach.
"Genau. Der lag da. Es tut mir leid, aber der muss auch gerannt sein, sonst hätten wir den gekriegt!!!", sagt der Vater beschwörend zu uns.
"Hm, okay. Also, wenn der sogar gerannt ist, dann ist der wohl okay. Dann ist das für uns erstmal erledigt.", erklärt der Kollege beruhigend.
Wir vermitteln Vater und Sohn noch ein wenig Ruhe und das Gefühl, dass sie alles super gemacht haben und alles in Ordnung ist.

Als wir zurückgehen können wir aber beide die Frage nicht beantworten: "Warum sind wir jetzt eigentlich hinter der Hilo hinterhergerannt?"

Hat jemand die Lösung für mich? Ich weiß, ihr seid da sehr kreativ...;-)
Aurisa - 5. Jan, 15:57

Na ja, wenn man schon mal die Gelegenheit hat eine 'Heldentat' zu begehen und eine hilflose Person zu retten, indem man die Polizei ruft, dann kann man den dann doch nicht einfach so weglaufen lassen, oder ;)...?

Aurisa - 5. Jan, 15:59

P.S:

P.S: Zum Glück sind sie wenigstens nicht auf die Idee gekommen, ein wenig nachzuhelfen, damit der nicht einfach so wegläuft ;)...
N (Gast) - 5. Jan, 16:01

Wer flüchtet, hat was zu verbergen - da schaut man besser mal kurz nach.

chee-house - 5. Jan, 16:03

Oder da war gar niemand. Oder gab es irgendwelche Abdrücke im Beet?

Michael (Gast) - 5. Jan, 16:59

Zahlemann und Sohn

Vielleicht hatten Sie einfach Angst, einen Fehleinsatz zahlen zu müssen? ;-)

Leser (Gast) - 5. Jan, 17:49

Wer ist die/das Hilo? Wer hat die Frage gestellt? Ihr oder Vater&Sohn?

Ich tippe auf besoffen -> im Beet geschlafen -> aufgewacht und gegangen. Entweder hat der Vater den dann übersehen und ist woanders hingerannt oder der Typ hat sich vom Vater verfolgt gefühlt (vllt. auch euch Polizei gesehen) und ist geflüchtet.

Anderer Leser (Gast) - 5. Jan, 19:02

Hilo -> HIlfLOse Person ;D
StephanZ (Gast) - 5. Jan, 19:28

Eigentlich ganz einfach. Obwohl derjenige hochgekommen ist, könnte er weiter Hilfe brauchen. Wundert mich, dass Du das nicht weiß. Wurde mir bei meiner Sanhelferausbildung beigebracht. Aufstehen können ist nicht gleich keine Hilfe brauchen.

JJ (Gast) - 6. Jan, 19:55

Wenn er tatsächlich Hilfe haben wollte wäre er vermutlich nicht weggerannt... Wenn er es dennoch tut, gehe ich davon aus, dass meine Hilfe nicht benötigt bzw. gewünscht wird.
Claudia (Gast) - 5. Jan, 23:07

Es könnte es sich auch um einen krankhaft nach Aufmerksamkeit heischenden Menschen gehandelt haben, der sich gelegentlich, wenn es ihn überkommt, irgendwo hinlegt, bis jemand einen Notruf tätigt… Oder aber dem Mann ging es wirklich schlecht, zugleich war er aber auch von der Polizei gesucht - und als ihm dämmerte, daß Du gleich zu ihm kommst, bewirkte das eine Spontanheilung.

gemini (Gast) - 6. Jan, 00:12

"Hat jemand die Lösung für mich? "


Ist doch ganz einfach, um den Bürger glücklich zu machen.

Katha (Gast) - 6. Jan, 08:31

Na, was Vater und Sohn angeht, mussten sie den Menschen ja zu Beweiszwecken vorzeigen, dass sie nicht nur einen Spaßanruf getätigt hatten...

Mary (Gast) - 6. Jan, 23:39

Ihr habt euch von der Hektik von Vater und Sohn anstecken lasen.

Das ist quasi der Herdentrieb beim Menschen. ;-)

Vergleichbar mit dem "Gaffer-Phänomen"

Liebe Grüße
Mary

Anne (Gast) - 7. Jan, 01:21

Kälte

Wollte noch mal darauf hinweisen,
daß man Leute jetzt besser nicht nachts draußen schlafen läßt,
außer sie haben einen fetten Schlafsack.
Ääh
schönen Gruß,
anne

Steel - 7. Jan, 12:34

Das ist richtig. Aber die Story ist ja auch nicht aktuell, sondern fand vor vielen Jahren bei spätsommerlichen Temperaturen statt.
Thomas (Gast) - 7. Jan, 13:18

Na, die beiden werden halt wohl bemüht gewesen sein, zu beweisen, dass sie nicht aus Jux und Dollerei angerufen haben, sondern dass da tatsächlich einer gelegen hat... gewissermaßen nachvollziehbar, finde ich..

Thorsten (Gast) - 7. Jan, 17:23

U-Haft! :-D

Ihr hättet Ihn wegen Vortäuschens einer Straftat in mittelbarer Täterschaft in U-Haft nehmen sollen! Wäre zwar rechtlich nicht durchgegangen, aber Hauptsache, er sitzt für ne Nacht. :-D

Tupel (Gast) - 7. Jan, 20:13

Beet in Gefahr

Sicherlich wollten der Vater und der Junge die Polizisten auf den Mann im Blumenbeet aufmerksam machen, weil sie von einer Straftat ausgehen. Die Blumenbeete (sofern ich das richtig verstanden habe) zu zerstören und dann auch noch wegzurennen ist doch eine schwere Straftat, vielleicht riefen sie einfach deswegen die Polizei an !

Sönke (Gast) - 8. Jan, 12:57

War schon richtig, hinterherzulaufen...

...immerhin sind aufwachende HiLoPes manchmal verwirrt, egal, ob sie berauscht sind oder sich z.B. durch Unfall, Krankheit oder Drogen in einer Schocksituation befinden. Solche Leute rennen vor Autos oder Strassenbahnen, stürzen von Brücken oder brechen schlicht nach 50m wieder zusammen.
In meinen Augen war das richtig, nachzusehen. Wenn jemand allerdings plötzlich wahre Sprinterqualitäten an den Tag legt und sich richtungsmässig auch noch gut macht - laufenlassen....:-)

lea (Gast) - 9. Jan, 15:52

erstmal: schön, daß Du wieder da bist! Hab Deine Beiträge sehr vermisst.
Zur Frage:
Ich hätte auch alles dran gesetzt, es zu beweisen, daß ich nicht grundlos angerufen habe. Warum? Nun, es gibt leider Kollegen von Dir ( weiß nicht das Einzelfälle sind), die einem permanent vorwerfen, man habe unnötig angerufen und soll den Einsatz zahlen, das nächste Mal würde man ne Anzeige wegen Mißbrauch des Notrufs bekommen usw. Und für was hat man angerufen? Für solche "Nichtigkeiten": auf Wunsch des Notarztes angerufen, der grade mit gesamtem Körpereinsatz einen stockbetrunkenen mit stark blutender Kopfwunde davon abhält, sich vors nächste Auto zu stürzen und Unterstützung braucht, bis die Polizisten da sind ist der Patient natürlich zusammengeklappt, sich wehren strengt halt doch an; oder ein unter Drogen stehender, der auf alles was sich bewegt mit ner Flasche losgeht, sich vor den Polizisten aber fast in die Hose macht und natürlich angeblich nix gemacht hat - die zwanzig Zeugen außen rum braucht man ja nichtmal nach Aufforderung fragen usw... Und daß es nicht nur dann so läuft, wenn der Security anruft merkt man daran, daß sich hier von den Gästen kaum jemand die Polizei rufen traut, egal wie schlimm die Sache ist. Lieber die dreiviertel Straße entlanglaufen ( und die ist lang) um den Türstehern den Fall zu schildern und sie um Hilfe zu bitten. Find ich total schade. Vor allem weil es nur drei Beamte sind, bei denen ich es bisher erlebt hab - leider sind das genau die, die wohl abwechselnd zur Streife in unserer Discomeile eingeteilt werden ( zwei davon zusammen, der dritte mit einer fast völlig stummen da wohl eingeschüchterten sehr jungen Kollegin) und leider finden die an fast jedem Einsatz was zu meckern. :-( Zum Glück sind die Polizisten, die ich bisher im restlichen Stadtgebiet erlebt habe komplett anders.
Steel - 9. Jan, 18:05

@Lea

1. Die von dir beschriebenen Vorfälle rechtfertigen auf jeden Fall das Rufen der Polizei.
2. Einsatz bezahlen? Das macht der Steuerzahler; bei der Polizei braucht man die Einsätze nicht zu bezahlen.

Newty (Gast) - 9. Jan, 19:09

Außer natürlich bei totalen Unfugmeldungen wie "Da brennt ein Papiercontainer im Carport", aber da ist garnix, in der Sondervariante überhaupt garnix, meist gepaart mit "Melden macht frei, ich geh dann ma"... Zumindest kostet der Löschzug auf jeden Fall ne Kleinigkeit :D Unfugmeldungen sind natürlich nicht mit blinden Alarmen zu verwechseln, wo Anlaß zur Sorgen bestand, aber alles harmlos war(Dick rußende Heizungsschorsteine; lustige Tropfen auf der Straße, die weniger viskos als Wasser sind und nach Öl riechen, aber nur komische Witterung gepaart mit Vollgas und somit Flüssigabgas waren...)

Steel, wie isn des mit dem Fall "Hobby DJ aus Nachbarwohnung testet Nebelgerät und schreckt Nachbarn auf?"
Rabenflug (Gast) - 10. Jan, 12:10

sanft reinstolpere

und nur grüsse dalässt

maninmetropolis - 11. Jan, 10:07

Helden dürfen die Opfer nicht einfach ziehen lassen, so lange der Ruhm noch nicht eingesammelt ist.

Henriette (Gast) - 17. Jan, 18:19

Allemannische Gründlichkeit. Wenn man einen Einsatz anfängt, dann bringt man ihn auch korrekt zum Ende. Weglaufen geht also nicht.

ToWi (Gast) - 21. Jan, 20:12

Hmmm.... vermutlich seid ihr gelaufen, da Menschen nun mal Herdentiere sind. Und der Mann hat euch halt "angesteckt".
Aber der Fall hat sich doch anders entwickelt, als ich gedacht hatte. Eigentlich hab ich nämlich eine polizeiliche Spontanheilung erwartet.... :-)

rollinger - 21. Feb, 16:48

Ja, denke auch , die Angts einen Fehleinsatz zahlen zu müssen.
Aber hinterherlaufen und mal gucken ist OK. Hilflos und hilflos sind zwei paar Schuhe.

SnapHappy (Gast) - 5. Mai, 20:23

Warum? - Darum!

<< "Warum sind wir jetzt eigentlich hinter der Hilo hinterhergerannt?" >>

Weil es auch schon Personen gegeben hat die einen Schlaganfall hatten, sonstwie verletzt sind, unter Schock stehen oder sonstiges. Auch wenn sie kurz vorher noch irgendwo rumgelegen haben. Und weil ein Mensch - auch genervter Polizist - es eben IMMER NOCH NICHT als normal ansehen sollte, dass Menschen irgendwo herumliegen. Und darum guckt man nach und wenn dann die Person plötzlich abhaut, dann nimmt man eben nicht erst mal an, dass schon alles ok ist, sondern versichert sich dessen. Darum rennt man "der Hilo" nach.

Auch wenn ich selber angenervt klinge über die Fragestellung, habe ich durchaus Verständnis für "die Polizei und/oder den Polizist im Dienst", denn ich weiss wie oft da eben nur Unsinn ankommt (Freund gehört dem "Verein" nämlich auch an und erzählt auch manchmal Wunderstories), aber als Mensch halte ich es dennoch für ganz normal hinterherzulaufen und lieber festzustellen, dass es unnötig war, als hinterher möglicherweise festzustellen, dass ich mir Vorwürfe machen muss, weil ich es abgetan habe. Weil ich hoffe, dass jemand die Polizei oder sonst jemanden verständigt, wenn ich einmal irgendwo "rumliege" ich mir erhoffe, dass man sich auch wenn ich wieder aufstehe erkundigt, ob es mir wirklich gut geht.

Frage beantwortet?

Peter (Gast) - 13. Apr, 13:37

Das ist nun mal so ...

... dass wir immer hinter einem her rennen. Wir haben halt einen Verfolgungswahn.

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