Feniray - 12. Jan, 18:57

Jetzt les ich schon eine Weile hier mit und muß doch endlich auch mal meinen Senf dazu geben.

Ich persönlich bin im Bezug auf die zwischenmenschlichen Kompetenzen mancher Polizisten etwas zwiegespalten.
Zum Beispiel kam ich 07 nachts um vier in Frankfurt in eine Polizeikontrolle. Trotz der späten Uhrzeit und dem nieseligen Wetter war der junge Herr, der dann das übliche wollte (Ausweis, "Haben sie was getrunken" und so), äußerst freundlich.
Wohingegen eine andere Geschichte mich bis heute etwas aufregt. Ich war mit meinem jüngeren Bruder (zu dem Zeitpunkt 16) auf dem Weg zur HelloweenParty unserer Schwester. Zuvor fuhren wir noch zu einem Kumpel von ihm, der meinem Bruder ein paar Plastikknarren ausleihen wollte (Mein Bruder machte den Vampirjäger). Wir fuhren durch den Hauptort unserer Dörferansammlung, als mir ein Streifenwagen entgegen kam. Nichts, worüber man weiter nachdenkt. Stutzig wurde ich erst, als sie auf einmal hinter mir waren (hatten wohl am Bahnhof gewendet). Richtig irritiert war ich, als sie mir dann auf den Berg hoch ins Wohngebiet folgten (und ein Teil der Straße läßt sich als Schleichweg ganz gut umschreiben). Ich bin natürlich brav 30 gefahren, hab immer schön geblinkt.
Der Kumpel meines Bruders wohn in einer Sackgasse. Ich parkte mich also vor das Haus und mein Bruder ging rein. Der Streifenwagen wendete auf der Wendeplatte und fuhr wieder weg. Gut, dachte ich, was auch immer die wollten...
Zwei Minuten später parken sie hinter mir, der eine klopft ans Fenster. "Kontrolle, Fahrzeugschein usw." Gut, ich reichs ihm rüber (und sag noch "Ist in meiner Tasche", damit er sich nicht wundert, warum ich im Fußraum des Beifahrers rumwühle, höflich wie ich bin) Er bekommt also meinen Papierkram. Dann fragt er so 'beiläufig': "Wer ist denn da eben ausgestiegen?" Ich: "Mein Bruder, der holt noch was von nem Kumpel, wir besuchen unsere Schwester wegen Helloween." Er ging dann zum Auto und brauchte ewig, um alles zu kontrollieren (Ewig, wirklich, war nicht meine erste Kontrolle und so lang hat noch keiner gebraucht). Als er dann wohl meinen Bruder zurückkommen sah, hatte ich schlagartig meinen Kram wieder, dafür wurde mein Bruder in die Mangel genommen.
Natürlich wollte sie wissen, was er da hat (kaputte Plastikknarren, die man höchstens noch jemanden an den Kopf werfen konnte) und wo er am Abend zuvor gewesen sei. Ich hab mir das ganze kurz aus dem Auto angeschaut und bin dann raus. Ziemlich ruppig quetschten sie also meinen Bruder aus, der super irritiert war, aber trotzdem alles brav beantwortet hat (ich muß ja sagen, ich bin stolz auf ihn.) und sehr höflich blieb. Die Polizisten erklärten dann ziemlich pampig noch, was für "Spielwaffen" dann verboten sind, und was das alles anrichtet und so Zeug.
Ich konnte mir einfach nicht zusammen reimen, was das sollte und fragte daher, ob es irgendeinen Grund dafür gäbe, dass sie hier so einen Aufstand machen (Okay, ich habs natürlich netter formuliert). Woraufhin ich ziemlich angefahren wurde, dass mich das ja nichts angehe.
Okay, Ende vom Lied war dann, dass sie uns ohne irgendwas erreicht zu haben wieder laufen lassen mußten (und wir uns dadurch gut ne 3/4 Stunde Verspätet hatten).
Ich vermute bis heute folgendes: Irgendwann am Abend vorher müssen wohl in besagtem Wohngebiet irgendwelche Jugendlichen rumgeballert haben (mit was auch immer). Und da mein Bruder doch äußerst verdächtig aussieht (er hat Dreads und trägt Metalshirts...), dazu noch bei mir (Grufti) im Auto (alter Mercedes mit Hawaiikette und Bandaufklebern) saß, müssen sie ihn gleich mal unter die Lupe nehmen.
An sich ja kein Problem, ich mein, die tun nur ihre Arbeit. Was mich allerdings ziemlich nervte bei der Geschichte: Der eine, ich würde spontan sagen, der Diensthöhere, war echt unfreundlich, der andere hat es immerhin beim Verabschieden geschafft, entschuldigend zu lächeln. Natürlich hat man mal schlechte Tage, natürlich wäre es toll gewesen, wenn sie jemanden erwischt hätten. Aber: Man kann doch trotzdem freundlich sein. Oder zumindest nicht so pampig und ruppig. Ich mein, ich hab lange Zeit bei McDonalds gearbeitet (in Frankfurt) und da ist teilweise ein Volk unterwegs, da würde man mal gerne reinhauen manchmal. Trotzdem ist man nett und freundlich. Genauso arbeite ich jetzt an der Kasse. Der Kunde kann mich beschimpfen, es wäre zu teuer und sowieundüberhaupt, trotzdem wird ihm noch einen schönen Tag gewünscht. Natürlich gibt es überall auch unfreundliches Personal (ich hatte heut beim Klamotten-kaufen ein gutes Exemplar vor mir...), es gibt immer solche und solche :)
Ich finde, zumindest eine Entschuldigung wäre drin gewesen. Aber naja...

Klar, ihr macht euren Job, und es ist keiner einfacher. Ich bewundere jeden, der sich selbst für fähig hält, diesen Job zu machen (und ihn dann auch bekommt). Ich wollte kein Polizist sein. Trotzdem kann man doch rein vom Zwischenmenschlichen erwarten, dass man nicht gleich "dumm" angemacht wird, nur weil man zufällig verdächtig ist. Hauen kann man die Leute immer noch, wenn der Verdacht sich erhärtet hat (ihr wißt hoffentlich, wie ich das meine. Übertragen, nicht wörtlich...;))
Ich persönlich finde ja, mit Höflichkeit erreicht man schon viel und wenn man dann noch ein Lächeln hat, dann geht es noch zehnmal leichter.

In diesem Sinne, einen angenehmen Abend :) Und frohes Arbeiten! (Nicht nerven lassen! ;))

Nightstream27 (Gast) - 12. Jan, 19:34

Hm...

Also - ich will weder dich noch deinen Bruder hier schriftlich angreife - das vorweg.
Aber wie du schon geschrieben hast - die äußere Erscheinung deines Bruders, dein Auto, der Schleichweg, die Vorkommnisse eine Nacht zuvor... all das spricht nicht gerade "für" euch.
Das heißt dann auch, dass die Beamten davon ausgehen müssen, dass ihr möglicherweise diejenigen wart, die herumgeballert haben.
Versetz dich mal in deren Lage - spätabends/ nachts, die beiden Beamten sind alleine, vielleicht sind ihre Kollegen gerade in anderen Einsätzen gebunden, sie müssen davon ausgehen, dass ihr Straftaten verüben könntet - jedenfalls besteht ja die Möglichkeit (aus deren Sicht und in dem Moment!!!).
Diese Straftaten könntet ihr mitunter mit einer scharfen Schusswaffe begehen.
Oder zumindest besteht die Möglichkeit, dass ihr eine echte Schusswaffe bei euch führt.
Also - wie würdest du als Polizist an die Situation herangehen?
Locker-flockig? Gut gelaunt? Freundlich wie im Service-Bereich?
Wenn du jederzeit damit rechnen musst, dass entweder der Fahrer unter dem Beifahrersitz/ am Körper/ sonstwo eine Wumme verbirgt? Die Person, die gerade ins Haus gegangen ist, eine Schusswaffe bei sich führt?
Wenn nicht klar ist, wer ihr überhaupt seid, wann die Person aus dem Haus zurück kommt, ob sie alleine zurück kommt, oder ob sie sich im Haus verborgen hält und möglicherweise einen Angriff auf die Beamten aus dem Schutz der Dunkelheit und des Hauses startet?

Das sind kleine Horrorszenarien - ich weiß.

Aber jeder Polizist hat auf seine Eigensicherung zu achten - auf seine und auch auf die seines Kollegen.
Jeder von denen möchte gesund wieder nach Hause gehen, wenn er Feierabend hat.

Also ist es manchmal empfehlenswert, etwas dicker aufzutragen, forscher aufzutreten als es rückblickend (!!!) und aus der Perspektive eines allwissenden Beobachters des Einsatzes (!!!) nötig gewesen wäre.

Dein Bruder war ja eingeschüchtert, du warst verwirrt - damit ist doch die Vorgehensweise beim Einsatz aufgegangen.
Sie haben keinerlei unverhältnismäßige Amtshandlung vorgenommen.
Niemand von euch ist körperlich angegriffen worden, lediglich der Tonfall war schärfer als du es gewohnt warst.

Also - meiner Meinung nach haben die Beamten korrekt gehandelt.

Eine Arbeit im Service ist mitnichten mit dem Beruf eines Polizisten zu vergleichen.
Oder wann wird ein Mitarbeiter eines Fast-Food-Restaurants angespuckt, mit Gegenständen geschlagen, getreten, mit Messern oder anderen Waffen bedroht?!

Die Menschen gehen in den Schnell-Imbiss, um dort zu essen.
Polizeibeamte treffen in aller Regel - von hilfesuchenden Bürgern mal abgesehen - auf Menschen, die sich nicht gerade freuen, sie zu sehen, und die dann auch entsprechend aggressiv und gewaltbereit reagieren.

Zum reinen Selbstschutz kann also ein lauterer Tonfall schonmal sehr nützlich sein - neben anderen Dingen, die es bei einem Einsatz zu beachten gilt.

Davon abgesehen haben euch die Beamten über das Problem der Anscheinswaffen aufgeklärt - und ja, das ist tatsächlich ein Problem.
Wer mit solchen täuschend echt aussehenden Spielzeugpistolen durch die Gegend läuft, könnte ein Problem bekommen.
Also war das genau richtig, dass sie euch über das Thema informiert haben.


Auch wenn du selbst weißt, dass du die Beamten nicht angegriffen hättest und auch sonst keine Straftaten geplant hattest - genau wie dein Bruder - solltest du versuchen, die Beamten aus ihrer Perspektive heraus zu verstehen.


Lieben Gruß,
Night
Feniray - 13. Jan, 23:50

ich hätte vielleicht dazu sagen sollen, dass es gerade mal 15 Uhr war. Und so schrecklich verdächtig fand ich uns jetzt nicht :D
Aber naja... Ich versteh die Leute ja schon. Aber spätestens, als sie merkten, dass wir wirklich nichts damit zu tun hatten (ich hätte fragen sollen, ob sie unsere Eltern anrufen wollen, zwecks Nachfrage, ob der Bub auch zuhause war... *hihi*), hätte man zumindest mal sich entschuldigen können. Nicht, dass die Poilzei sich mit jedem lieb stellen muß, aber meine Güte, wir waren wirklich die Unschuld in Personen, hatten nichts damit am Hut. Ich versteh vollkommen, dass sie mir nicht genau erzählten, was der Grund war und ich versteh auch die Handlungsweise. Aber wie gesagt, gegen Ende...

Mh, glaub mir, in Frankfurt sind schon ganz fiese Dinge vorgekommen (ich denk nur an den Kerl, der randalierte, die Mitarbeiter beleidigte und sich dann damit entschuldigen wollte, dass er vom Ordnungsamt war (dummerweise in zivil und betrunken...). Und dann noch meiner Kollegin vorwarf, sie hätte ihn mit anti-semitischen Äußerungen gedacht (was absurd war, dafür war sie erstens nicht der Typ und zweitens kommt sie aus einer Kultur, wo man solche Sachen gar nicht sagt)). Klar, Polizist sein ist um Längen gefährlicher, das unterschreib ich.

Wie gesagt, ich bewundere Euch alle für das was ihr tut, ich selbst würde es nie hin bekommen.
Mir ging es hier auch nicht um die Polizei allgemein, sondern wirklich nur um diese zwei Herren. (Keiner behauptet, dass die beiden privat nicht super nett sein können :D)

Grüße und gute Nacht
Feni
Nightstream27 (Gast) - 14. Jan, 01:08

Na gut,

dann stimm ich dir zu - das war dann vielleicht ein bißchen "drüber" von den Beamten - vor allem in Anbetracht der Uhrzeit ;-))
Und solange du auch Kontakt mit richtig netten Beamten hattest, kannst du diese unangenehme Begegnung ja als Ausrutscher oder so abhaken, hm?! :-)

Zu dem Vorfall durch den Mitarbeiter des Ordnungsamtes fällt mir nichts mehr ein :-//
Und sein unzivilisiertes Verhalten mit irgendeinem Beruf "entschuldigen" zu wollen, halte ich für extrem verfehlt!!
Sowas kommt leider vor und setzt dann leider - für die betroffenen Personen - einen Berufsstand zumindest vorübergehend in schlechtes Licht :-((

Vielleicht sollte sich derjenige, der sich so daneben benimmt, mal klarmachen, dass er eine Wohlverhaltenspflicht auch - nicht nur im Dienst, sondern auch privat ;-))

Aber glücklicherweise sind die allermeisten Beamten sehr menschlich und freundlich - und zwar dienstlich wie auch privat.


Lieben Gruß,
Night

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