ingo (Gast) - 15. Jan, 11:51

prinzipiell sollte es ja tatsächlich so sein dass bürger und polizist nett und verständnisvoll miteinander umgehen. praktisch scheitert das aber in den meisten fällen an der mentalität des durchschnittlichen staatsdieners: ich trage eine uniform, damit bin ich wichtig und habe mehr durchblick als andere, und falls ich mal keinen haben sollte liegt das eben an den vorschriften. auf die bürger eingehen muss ich nicht wenn ich keine lust habe (denn ich bin ja wichtig), und falls die keine ruhe geben werde ich eben pampig, das kann ich mir ja leisten - denn ich kriege mein geld auch wenn ich nichts mache, und wenn dem bürger irgendwas nicht gefällt soll er sich beschweren, mir egal, mein vorgesetzter bügelt das ohnehin ab.
wer jetzt denkt dass das übertrieben dargestellt ist: genau so habe ich in meinen bisher 40 lebensjahren alle polizisten erlebt mit denen ich zu tun hatte. arrogant, lustlos, unfreundlich, ahnungslos, und vor allem ganz ganz furchtbar von sich selbst und ihrer extremen wichtigkeit überzeugt.

- mir ist mehrmals das auto aufgebrochen worden, und auf der wache hat man sich jedesmal geweigert eine anzeige aufzunehmen ("na und, was sollen wir denn da machen?" oder "denken sie wegen so nem kinderkram setze ich mich in bewegung?"), und wenn ich dann endlich durchgedrückt hatte dass das sein muss wegen der versicherung wurde mir höhnisch grinsend mitgeteilt dass da ohnehin nichts unternommen wird ihrerseits, sie hätten besseres zu tun.
- graffitti-schmiererei an der hauswand: der beamte im örtlichen revier (5 minuten fussweg entfernt) mault dass er derzeit kein auto hätte und jetzt keine lust hätte extra zu fuss zu kommen, und ob denn das geschmiere wirklich so schlimm wäre (nee, schon klar, so ein hakenkreuz und blöde parolen hat man gern unterm fenster). als er dann endlich da war hat er die ganze zeit beim schreiben nur gejammert dass das wieder so viel schreibkram wäre, nachher im revier noch alles abtippen, und es hätte doch alles keinen sinn weil man ja sowieso keinen finden würde, und die ganze arbeit und überhaupt, wozu wir das überhaupt aufnehmen lassen würden usw. - wie ein maulendes kleinkind das seinen haferbrei nicht essen will.
- ein bewusstloser stadtbekannter alkoholiker liegt quer über den eingangsstufen zum haus, bei minusgraden im dezember, keine chance ihn munter zu bekommen. anruf auf dem revier, erste frage: "stört der sie?" nach kurzer debatte bequemen sich die halbgötter in grün doch anzurücken. der bewusstlose (mittlerweile zur seite gerutscht und dadurch mit halb freiem oberkörper) reagiert natürlich auf "hallo, aufwachen, hier ist die polizei" nicht. es wird diskutiert ob wir denn nicht warten wollten bis er aufwacht, man ruft aber dann doch den krankenwagen. als der dann einrifft und ihn abtransportiert greift sich einer der beamten die halbleere flasche korn die neben ihm gestanden hatte, reicht sie meiner frau und sagt grinsend "hier, da haben sie ja vielleicht noch verwendung dafür" und entschwindet.
- unerwartete grossflächige strassensperrungen in einer benachbarten großstadt, scheinbar wegen einer demo: ich halte vor dem beamten der da auf der strasse vor der absperrung steht, und frage ihn eher hilflos "oh, ist richtung stadtring etwa alles gesperrt?" - er bellt mit gefletschten zähnen "das ist mir doch scheissegal, los, weiterfahren, aber dalli!"

das ganze liesse sich noch endlos erweitern, und am ende bleibt bloss die feststellung dass ich von polizisten noch nie so nett und höflich behandelt worden bin wie ich den beamten meinerseits immer gegenüber getreten bin. und ich bin ein durchaus "seriös" wirkender mann ohne vorstrafen (nichtmal punkte in flensburg), da braucht keiner orakeln dass es an meinem auftreten gelegen hätte, das problem sehe ich auf der gegenseite.

und was das steuerzahlen angeht: es ist nunmal so dass polizisten keine werte schaffen sondern 100% von dem leben was andere erwirtschaften, dass sie dann einen teil davon wieder in den grossen topf zurücklegen ändert an dieser situation nichts. man könnte also durchaus erwarten dass der staatsdiener dem bürger (von dem die staatsgewalt ja theoretisch ausgeht) mit derselben aufmerksamkeit und höflichkeit entgegenkommt die jeder arbeiter oder angestellte seinem direkten vorgestzten zeigen muss wenn er nicht rausfliegen will. keine katzbuckelei oder speichelleckerei, einfach nur das was man seinem brotgeber schuldig ist.

Sam0815 (Gast) - 15. Jan, 12:33

Werte schaffen?

Also ich erspare mir jetzt mal auf die erlebten Einzelsituationen einzugehen, da gehe ich zum Teil sogar konform, dass das so nicht im Sinne des Erfinders ist.

Aber auf den Schluss muss ich mich doch mal kommentierend äussern. Polizisten schaffen keine Werte und leben zu 100 % von dem, was andere erwirtschaften? Die Werte, die durch die Polizei als Exekutive geschützt werden, haben keinen Wert für Dich? Deine Grundrechte und unser Wertesystem sind nicht monetären Ursprungs. Ein Arzt im Krankenhaus, der Dir Dein Leben rettet, schafft nach Deiner Begründung auch keinen Wert und lebt von dem, was andere erwirtschaften?

Tut mir leid, aber Deine Wertvorstellungen sind...


... nichts wert!
ingo (Gast) - 15. Jan, 16:54

@sam0815: da hast du zu kurz gedacht. wenn ich krank bin hat ein arzt etwas anzubieten das mir etwas wert ist. ein polizist dagegen hat nur bedingt etwas brauchbares anzubieten, grundsätzlich kann er nichts das ich in selbstjustiz nicht auch könnte - er hat nur innerhalb eines bestimmten sozialsystems eine daseinsberechtigung. wir haben uns entschlossen eine regierung und gesetze haben zu wollen, und sind bereit menschen zu bezahlen die für deren einhaltung sorgen. ohne dieses system und die menschen die dafür bezahlen verhungert der staatsdiener - und genau darum geht es: er sollte wenigstens dafür sorgen dass die menschen das gefühl bekommen dass er auch tatsächlich für sie da ist und das tut was er tun soll, und sie nicht behandeln als ob sie (lästige) bittsteller wären.
Sam0815 (Gast) - 15. Jan, 18:22

Kurz gedacht?

Deshalb wird man ja auch ohne jede Ausbildung Polizist, weil man nichts kann, was nicht jeder andere auch kann!

*ironiemodus off*

Herzlichen Glückwunsch, nicht Erhellenderes dabei, was mich von der schwachen Haltung überzeugen würde. Wie es in den Wald rein schallt, so schallt es raus! Das ist meine Erfahrung.

Und beim alle über einen Kamm scheren, da bin ich nicht so schnell dabei, sorry!

Schönen und entspannten Abend noch!
ingo (Gast) - 16. Jan, 11:56

was genau willst du mir eigentlich sagen? findest du es ungehörig wenn ich sage dass der polizist dem bürger freundlich und aufmerksam begegnen sollte weil der ihn bezahlt und legitimiert hat? was hat das mit dem wald, kämmen und einer schwachen haltung zu tun?

und dass der polizist auch nach der allerschönsten ausbildung nichts kann womit man sich ausserhalb unseres systems den lebensunterhalt verdienen könnte ist eine tatsache, da gab es gar keinen ansatz um einen ironiemodus überhaupt anzuschalten. einbrecher kann ich sofort erschiessen, viehdiebe werden gehängt wenn man sie mit gestohlenen tieren ertappt, und ehebrecher werden eh gesteinigt. wo brauche ich da einen polizisten?
Nightstream27 (Gast) - 16. Jan, 17:04

Hallo, Sam0815 :-))

Weißt du, was mir ein befreundeter Polizist gesagt hat?! "Du musst bei sowas ruhiger werden. Lächeln, abnicken, weitergehen..."
Ich bin auch jemand, der bei solchen haltlosen Kommentaren nen Hals bekommt, aber was nützt es, sich darüber aufzuregen?!
Manche Menschen WOLLEN gar nicht verstehen - also lass sie, das hat keinen Zweck.

In einem muss ich dir aber ein wenig widersprechen - die geschilderten Situationen, die "ingo" erlebt haben will, nehm ich ihm so nicht ab.
Dafür ist mir sein Einstieg schon zu vehement, als dass ich diese Situationen für bare Münze nehmen würde.

Steels Eintrag schien für manche eine gelungene Einladung dazu zu sein, seinen angestauten Alltagsärger (mal wieder) auf der Polizei abzuladen.
Und natürlich sind aus DEREN Sicht alle Polizisten "arrogant, dumm, faul, arbeitsscheu, frech, überheblich, haben nichts/ dürfen nichts/ können nichts und überhaupt sind die alle gar nicht nett"...

Wie oft ich mir im Alltag schon solche Sprüche über die Polizei anhören durfte, kann ich hier gar nicht aufzählen.

Bei den allerwenigsten Menschen, die meinen, sich so über andere Menschen erheben zu dürfen, fällt ein aufklärendes Gespräch auf fruchtbaren Boden.
Inzwischen schenk ich mir das meistens, etwas auf solche Pöbeleien und Beleidigungen zu erwidern.
Widerlich finde ich es dennoch. Und deren Meinung teile ich nicht im geringsten!!

Bei denjenigen, die den Mund am größten aufreißen und vor allem behaupten, dass der "Job" ja so einfach sei und die Ausbildung ein Witz etc., hilft es manchmal, denen anzubieten, die Bewerbungsunterlagen für die Polizeiausbildung zuzusenden - schließlich sei das ja ganz einfach, die Ausbildung zu stemmen ;-))
Keiner von denen würde jemals diesen Beruf ergreifen können oder wollen ;-))

Und wer seinem Bäcker nicht vorschreibt, wie er seine Brötchen zu backen hat, sollte dem Schutzmann auch nicht vorschreiben, wie er seinen Dienst zu verrichten hat.



Lieben Gruß,
Night
Karl (Gast) - 21. Jan, 01:36

@Night:

Wenn mir die Brötchen, die mein Bäcker backt, nicht passen, kaufe ich sie nicht. Der Polizist hat aber ein Monopol. Ingos Punkt mag provokant sein, aber im Kern ist es nicht verkehrt, mal darüber nachzudenken: warum leistet sich die Gesellschaft eine Polizei? Und: wer ist der Staat?

Steel erwartet von seinem polizeilichen Gegenüber, sich zu überlegen, wie der Polizist denkt und dessen Eigenschaft als Mensch zu akzeptieren. Wenn das auch umgekehrt gelingt, wäre schon viel gewonnen. Ich als Bürger erwarte von einem Polizisten korrektes, professionelles Handeln. Und das schließt auch eine gewisse Toleranz ein, wenn da jemand anruft und etwas "fordert" - der ist dann möglicherweise auch gerade im Stress, weil er Zeuge einer belastenden Situation geworden ist. Wir sind alle nur Menschen. Der Ton macht die Musik, aber manchmal ist das Instrument kaputt. Dass ein Polizist dafür zumindest in einem gewissen Maß Verständnis aufbringt, halte ich nicht für zuviel verlangt.

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