19
Sep
2006

Starke Beschleunigung

Vorbemerkungen:
  • Wenn jemand einen Diebstahl oder eine Sachbeschädigung am Auto oder ähnliches bei der Polizei angezeigt hat und den Schaden anschließend der Versicherung meldet, dann wollen die Versicherungen meistens eine sogenannte Tagebuchnummer haben. Das wissen die Kollegen auf den Wachen. Sie erklären den Leuten das bei oder nach der Anzeigenaufnahme und geben den Hinweis, dass die Tagebuchnummer ca. 3 Tage nach Anzeigenerstattung auf der Wache telefonisch erfragt werden kann.
  • Die Nummer der jeweiligen Wache kann mich sich direkt von den Kollegen sagen lassen. Man kann sie aber auch dem Internet, dem Telefonbuch oder einer beliebigen Telefonauskunft entnehmen.
  • Den Notruf zu wählen, wenn man keinen Notfall hat, ist eine Straftat.
Mindestens die Hälfte der Leute ruft natürlich trotzdem einfach 110 an. Die sich ergebenden Gespräche, die an der Tagesordnung sind, haben, abhängig von vom jeweiligen Kollegen und seinem Gesprächspartner, immer wieder einen anderen Charakter.
Hier ein Beispiel einer etwa 60 Jahre alten Frau, die "langsam anfährt" und dann richtig "schnittig beschleunigt..."

"Polizeinotruf."
"Ja, guten Tag. Hier ist Frau Sounso. Habe ich richtig gehört?"
Schmunzel. "Das weiss ich noch nicht. Was haben Sie denn gehört?"
"Polizei. Sind Sie das?"
"Ja, da haben Sie richtig gehört. Ich bin es - die Polizei. Genauer gesagt: der Polizeinotruf."
"Ja. Hören Sie mal!"
"Ja, das mache ich."
In aller Ruhe."Also - mir haben sie die...äh...die...äh...Bruno! Bruno, wie heissen die jetzt schnell? Ja, genau. Die Nummernschilder, die haben sie mir geklaut."
"Oh, das ist aber ärgerlich."
"Ja, sicher. Aber ich habe eine Anzeige erstattet."
"Das ist ja schon mal gut."
Mit Engelsgeduld; Tonfall als ob noch ca. 15 Minuten Informationen vor mir liegen."Ja. Und jetzt brauche ich die...äh...die...äh...Bruno! Bruno, was brauche ich jetzt? Ja, haste recht. Junger Mann, ich brauche die Tagebuchnummer. Für die Versicherung!"
"Ja, aber die können Sie nicht beim Notruf erfragen. Da müssten Sie..."
Zackig. "Entschuldigung!"
Das Alter der Dame berücksichtigend. "Aber ich könnte mal eine Ausnahme machen und Sie..."
Klick. Weg ist sie.

Hm. Verbinden wollte ich sagen. Ich war aber doch nett - oder? Wahrscheinlich war ich ihr einfach zu langsam...
Blogzombienchen - 19. Sep, 18:18

Rentner haben ja bekanntlich nie Zeit ;-).
Grüße vom untoten
Blogzombienchen
P.S: Ich hoffe ich werde jetzt nicht wegen Störung meiner eigenen Totenruhe verhaftet ;-).

Miriam (Gast) - 20. Sep, 08:33

Ja du müsstest schon ein wenig mehr auf Zack sein! Schäm dich! :o)

Carsten (Gast) - 20. Sep, 10:29

Moin! Schickes Blog hast du hier! :)
Und ihr scheint ja netter zu sein, als unsere Dorfsheriffs in der Zentrale. Ich habe in den letzten 2 Jahren zweimal die 110 gewählt. Das eine Mal hatte ich eine Sau (also ne echte, rosa, vier Beine, Ringelschwanz) am Schlawittchen, die unbemerkt vom Anhänger gehüpft war und brauchte jemanden, der den Transporter ausfindig machen und anhalten könnte. Das andere Mal wars ein 18-jähriger, der versuchte trotz gebrochener Vorderachse aus(!) dem Schaufenster des Nachbarn abzuhauen. Beide Male habe ich dem hektischen Beamten an der anderen Seite zunächst mal gesagt, dass es sich nicht direkt um Notfall im Sinne von gleich wird jemand erschossen handelt, aber ich dennoch relativ zügig Hilfe gebrauchen könnte. Beide Male wurde ich angeschnauzt, warum ich denn dann nicht direkt auf der Wache anrufen würde. Entschuldigung, ich hab nunmal nicht immer ein Telefonbuch dabei.

Blog

Hi Steel

Ich habe dein Blog verlinkt und kann dir damit hoffentlich einige meiner Besucher verschaffen. Natürlich in der Hoffnung, dass du - motiviert durch die steigenden Besucherzahlen - fleissig weiterbloggst. Die Stories sind sehr unterhaltsam, stimmen aber auch nachdenklich. Weiter so! ;)
Steel - 20. Sep, 15:47

@Blogzombienchen: Von mir jedenfalls nicht.
@Miriam: Okay. Tut mir leid.
@Carsten: Danke für das Lob. Dass mit den Kollegen tut mir leid. Verstehe ich auch nicht. In dem Fall ist es völlig normal und legitim den Notruf zu wählen. Ich hätte ohne Murren sofort einen Streifenwagen entsandt.
@Fabian: Super, freut mich. Werde mir Mühe geben...

Persephone (Gast) - 7. Okt, 12:25

> Die Nummer der jeweiligen Wache kann mich sich direkt von den
> Kollegen sagen lassen. Man kann sie aber auch dem Internet, dem
> Telefonbuch oder einer beliebigen Telefonauskunft entnehmen.

Naja, das mit den Nummern klappt aber auch nicht immer:

Ich wollte mal einen Fahrraddiebstahl anzeigen. Leider war ich kurz davor in einen anderen Stadtteil umgezogen, und wusste nicht, zu welcher Wache ich muß. Ein Blick ins Telefonbuch machte mich auch nicht schlauer, da gab's unter "P" wie "Polizei" schonmal gar nix, unter "Stadt" stand dann immerhin die Nummer der Telefonzentrale, hinter Ordnungs- und vor Tiefbauamt.
Also angerufen:
Ich: "Hallo, ich wohne in $NeuerStadteil und wüsste gerne, welche Wache für mich zuständig ist?"
Telefonzentrale: "Ja, das kann ich ihnen auch nicht sagen, ich sitze hier in $Nachbarstadt und kenne mich bei ihnen nicht aus."
Hurra!
Das Internet brachte mich auch nicht wirklich weiter, die entsprechende Seite war sehr unübersichtlich gestaltet. Also bin ich nach $AlterStadtteil gefahren, weil ich da wenigstens wusste, wo die Wache ist.
Da durfte ich mir dann natülich, nachdem ich meine Adresse in $NeuerStadtteil genannt habe, die Frage gefallen lassen "Und was wollen Sie dann bei UNS ???"

Was ich mit der Geschichte ausdrücken wollte: Manchmal ist es eben nicht so einfach. Den Notruf hätte ich aber trotzdem nicht bemüht.

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