2
Feb
2011

Moral vs. Gesetz

Um wirklich alle Sachverhalte beurteilen und klären zu können, haben wir ein sehr komplexes Rechtssystem. Es ist kein Wunder, dass das Studium der Rechtswissenschaften so lang ist, und trotzdem gibt es Fälle, in denen moralische Grundsätze nicht durch das Gesetz geschützt werden. Der folgende Dialog enthält ein paar rechtliche Fragen, die ich auch recht kniffelig finde. Vielleicht diskutieren wir das mal in den Kommentaren ...

"Polizeinotruf."
Die aufgeregte Stimme eines ausländischen Mitbürgers, wahrscheinlich so Mitte fünfzig. "Ja, kommen Sie mal schnell. Hier ist Hausfriedensbruch. Ein Mann ist in der Wohnung."
"Bei Ihnen ist ein Mann in der Wohnung?"
"Nicht bei mir, bei meiner Tochter."
"Achso, und Sie sind auch bei Ihrer Tochter in der Wohnung."
"Nee, nee. Ich wohne oben drüber, gleiches Haus."
"Ah, okay. Also bei Ihrer Tochter ist ein Mann in der Wohnung. Was macht der denn da?"
"Der schläft. Kommen Sie und schmeißen Sie den raus!"
Verblüfft. "Der schläft???"
Ungeduldig. "Ja, ja. Kommen Sie, der muss weg!"
Habe noch Verständnisschwierigkeiten. "Wie kam der Mann denn in die Wohnung?"
"Ja, mein Tochter hat ihm aufgemacht."
Sortierend. "Also, ihre Tochter hat den Mann reingelassen und jetzt schläft er da. Und Ihre Tochter will, dass der Mann wieder geht, richtig!?"
"Nee, meine Tochter will, dass bleibt. Aber mein Schwiegersohn ist nicht da. Der will sicher nicht, dass der Mann da ist."
"Ja, aber, wenn Ihre Tochter will, dass ..."
Zürnend. "Egal, was Tochter sagt. Das geht nicht. Der Mann ist ihr Geliebter, der muss weg. Schwiegersohn will doch sowas nicht."
Jetzt kapiere ich das auch schon. "Achso, Ihre Tochter hat noch einen Freund ..."
Böse. "Ja, stellen Sie sich vor: Die waren nackt, die haben GEBUMST!!!"
"Sooo? Da wissen Sie ja gut Bescheid!?"
Aufgebracht. "Ja, kommen Sie schnell. Ich kann zeigen, ich habe Fotos von denen gemacht!"
Verdattert. "Sie haben Fotos gemacht, als ihre Tochter gebumst hat?"
Zufrieden. "Ja, ich habe Beweise. Jetzt haben wir Hausfriedensbruch, jetzt können Sie den rausschmeißen."
Hier ist was los ... "Ich verstehe gut, dass Sie sauer sind. Und Ihr Schwiegersohn tut mir sehr leid. Das ist überhaupt nicht in Ordnung, was Ihre Tochter macht ..."
Empört. "Ist doch verheiratete Frau, kannn doch nicht Liebhaber haben!!!"
Bedauernd. "Ja, das sehe ich auch so. ABER - das ist in Deutschland nicht verboten. Und da Ihre Tochter auch Mieterin der Wohnung ist und möchte, dass Ihr Freund sie besucht ..."
"Geht so nicht. Die haben da gebumst - und da sind doch auch die Kinder in der Wohnung!"
Aha, die alte Trumpfkarte mit den Kindern. "In welchem Zimmer haben die denn gebumst?"
"Im Schlafzimmer. Das geht nicht. Ganz nackt, und die Kinder. Der muss weg! Jetzt kommen Sie schnell!"
Langsam. "Die Kinder waren aber nicht im Schlafzimmer, oder."
"Nein, die sind im Kinderzimmer."
"Was machen die Kinder?"
"Kinder schlafen, ist doch schon spät."
"Die Kinder schlafen im Kinderzimmer, Ihre Tochter hat in ihrem eigenen Schlafzimmer Sex. Ich vermute, dass Ihre Tochter auch schon mal mit Ihrem Schwiegersohn ..."
Hastig unterbrechend "Ah, bah. Aufhören. Kommen Sie jetzt oder nicht?"
Bedauernd. "Es tut mir leid. So wie Sie mir den Sachverhalt schildern, kann ich nichts für Sie tun."
Verständnislos. "Ist unglaublich. Ich verstehe das nicht. Die sind doch verheiratet ..."

Habt ihr das rechtlich kniffelige erkannt? Haben wir einen Hausfriedensbruch oder nicht? Was wäre, wenn der Schwiegersohn auch in der Wohnung gewesen wäre und verlangt hätte, dass wir seinen Nebenbuhler raus schmeißen? Was wäre, wenn der Gehörnte von dem fremden Mann wüsste, und bereits klar gemacht hätte, dass er den Mann nicht in seiner Wohnung haben will, auch wenn er abwesend ist?
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