Hallo, liebe Leserinnen und Leser.

Vielen lieben Dank für die ganzen netten Grüße und Wünsche. Ich hoffe, dass ihr alle Weihnachten gut und friedlich überstanden habt.
Aus Sicht der Leitstelle ging es dieses Jahr im allgemeinen recht friedlich ab. Bleibt zu hoffen, dass der Jahreswechsel ähnlich stressfrei bleibt.

Ganz stressfrei ging es jedoch nicht für alle zu. Zum Beispiel für diese Dame, die ein Kollege am Telefon hatte:

"Hallo? Ja, mein Mann, der kümmert sich gar nicht um mich. Kommen Sie doch mal und sprechen mit ihm... Erst hat er mich im Streit aus dem Fenster geworfen und als ich jetzt aus dem Krankenhaus wieder nach Hause komme - da kümmert er sich einfach nicht um mich..."

Lange schon habe ich euch nichts mehr berichtet. Meine Kritiker werden es sicher bedauern, aber die Ursache ist weder Blog-Verbot noch Blog-Aufgabe.
Die letzten Wochen waren wirklich stressig, und das in jeder Hinsicht. Es gab mit Sicherheit die ein oder andere Anekdote, aber mir stand weder der Sinn nach bloggen noch hatte ich Zeit dafür.

Ich werde auch über die Feiertage und Silvester Dienst machen und bin gerade ein wenig überarbeitet. Ich melde mich aber auf jeden Fall wieder.

Bis bald, schöne Feiertage und, falls wir uns nicht mehr lesen sollten, ein frohes neues Jahr euch allen.

Gruß,

Steel

Frühdienst. Ich bin müde, mein Kopf tut weh, meine Lider sind schwer. Ich bin so stolz auf meine Disziplin:

"Polizeinotruf."
"Das ist kein Notruf, sondern ein Hilferuf. Hier wird in einer Nachbarwohnung renoviert. Die Arbeiter schlagen immer ganz laut die Tür zu, wenn sie gehen. Dabei ist das gar nicht nötig - man kann die Türen hier ganz leise schließen."
Durchatmen. "Tja, dann sprechen Sie die Leute doch mal an!"
"Das habe ich bereits. Ich habe sogar ein Schild gemacht, auf dem steht "wenn die Tür nicht leise geschlossen wird, rufe ich die Polizei." Aber die lachen darüber nur.
Tja, würde ich auch, wenn ich nicht "die Polizei" wäre..."Dann sprechen Sie am besten einen Verantwortlichen an."
"Aha. Ja, dann muss ich erstmal meinen Vermieter ansprechen, um von dem die Telefonnummer zu erfahren."
"Okay, dann machen Sie das."
"Gut, ich bedanke mich. Tschüss."

Fünf Minuten später.

"Polizeinotruf."
"Ja, ich bin es nochmal. Ich hatte eben wg. der Türenknallerei angerufen."
Seufz. "Ja, ich erinnere mich."
"Also, ich habe jetzt meinen Vermieter angerufen. Der hat nur gesagt, ich könne ihn mal am Arsch lecken und hat aufgelegt."
Lieber Vermieter, ich danke dir für diese Inspiration...;-)
Nein, halt ich bin einer von den Guten. Ich atme einmal tief durch und bemühe mich, meiner Rolle als Freund und Helfer gerecht zu werden. (So wird man übrigens immer nur genannt, wenn die Leute möchten, dass man ihnen einen Gefallen tut)
Den sanften geduldigen Exkurs über die Rechtslage, die ich dem Mann noch gehalten habe erspare ich euch hier.

Einige Kommentatoren haben diese Meinung ja schon geäußert. Jetzt wissen es zum Teil auch schon die Anrufer...

"Polizeinotruf."
Eine männliche Stimme, leicht nuschelnd. "Ja, können Sie mich mal mit dem Polizeirevier XY verbinden!?"
"Warum, was haben Sie?"
"Bitte?"
"Worum geht es denn?"
"Ich hör hier ja...ich hör hier ja nichts mehr, das ist ja das Problem an der ganzen Geschichte... Oder mit dem Ordnungsamt XY!"
Seufz. Bemüht. "Ja, worum geht es denn?"
"Ja, das kann ich Ihnen sagen."
"Ja, machen Sie mal." Ich muss ein bisschen lachen.
Anklagend. "Hören Sie das?"
Wieder konzentriert. "Was denn?"
"Bitte?"
"Was?"
Enthüllend. "Ja, ich höre ja hier nichts mehr, weil ich nichts mehr hören kann!"
Ich muss lachen. "Ja, was ist...*lach*...was ist denn jetzt genau das Problem?"
Fertig mit mir. "DAS ist doch be....der ist ja noch blöder!"
Klick.

Gestern nacht kam es mir vor als sei Vollmond. Die Leute auf der Straße waren aggressiv und gewalttätig, die Anrufer häufig grenzdebil.
Und manche hatte ganz seltsame Namen...

"Polizeinotruf."
Eine männliche Stimme, leichter Akzent. "Jaaa...ich brauche hier mal einen Wagen."
Ich nehme das nicht wörtlich und spare mir witzige Entgegnungen. "Was ist denn geschehen?"
"Ich wurde zusammengeschlagen von zwei Typen. Die haben mir mit einem Baseballschläger den Arm gebrochen."
"Okay, dann schicke ich auch auf jeden Fall einen Krankenwagen. Ich sehe, sie stehen in einer Telefonzelle!?"
Zögernd. "Äh...jaaa?"
"Wie ist ihr Name, bitte!?"
Unwirsch. "Ach, vergessen Sie´s!"
Klick.

Die letzten Dienste waren tödlich langweilig - bis wir es dann gestern gehörig besorgt bekamen. Der Spätdienst verging wie im Fluge und an Einsatzanlässen war wirklich fast alles dabei: Diverse Unfälle mit schwer verletzten Personen, ein Unfall mit tödlichem Ausgang, Sachbeschädigungen mit Schaden von über 20.000,- Euro, ein Tumultdelikt, drei Leichen, eine Vergewaltigung...

Das Arbeitsaufkommen ist im Moment wie Ebbe und Flut. Mal schauen wie die Gezeiten nachher sind.
Während der ganzen Hektik gestern gab es natürlich aber auch wieder Kinder, die die Funktionsweise von Telefonzellen verstanden haben. Hier ein wunderbares Beispiel dafür, wie bei wachsender Intimität die sprachliche Distanz schrumpft:

"Polizeinotruf."
Die freche Stimme eines kleinen Jungen bellt mir entgegen: "Wollen Sie mich lecken, Du Ficker!?"

P.S.
Zu einer Antwort kam ich nicht mehr. Schreibt mir doch in den Kommentaren, was ihr geantwortet hättet, wäre der Junge noch ein wenig am Telefon geblieben.

Im September hatte ich den Fall erwähnt, indem ein junger Mann fast von einem Kinderfahrrad erschlagen worden wäre. Tobias hat mir/ uns einen link auf einen weiteren Artikel über den Fall zukommen lassen:

Link

Danke, Tobias.

Meine Stimmung entspricht irgendwie dem Wetter draußen, ohne dass ich das erklären könnte.
Dienstlich scheint weiter die Ruhe vor dem Sturm zu bestehen. Was war letzte Nacht so los?

Gut: Kollegen gelingt es endlich, zwei Personen auf frischer Tat zu ertappen als sie das Navi aus einem Auto ausbauen. Super. Das ist so schlimm geworden mit dem Navi-Klau, dass man schon unglücklich ist, wenn bei einem Autokauf serienmäßig eines drin ist.

Seltsam: Ein bewaffneter Mann dringt in ein Gebäude ein und bedroht die Anwesenden mit einer Waffe. Das Kuriose ist, dass er sich ausgerechnet eine Polizeiwache ausgesucht hat, um den starken Mann zu spielen. Den Kollegen gelang es, die Sache unblutig zu beenden.

Schlecht: Ein junger Kollege ist gestern suspendiert worden. Eine Zeitung hatte sich an die Polizei gewandt, weil er als Polizist im Internet dumme Bemerkungen gemacht hatte. Natürlich muss ich in diesem Zusammenhang an dieses Blog denken: Reite ich mich auch ganz böse in Schwierigkeiten? Kann man mir hier irgendeine vorwerfbare Tat anhängen? Immer wieder prüfe ich in Gedanken, ob ich hier jemandem schade. Ich denke nicht, sonst würde ich das nicht tun, aber ein dummes Gefühl bleibt...:-(

Die Nacht war verdächtig ruhig. Das ist so wie in den alten Tarzan-Filmen mit Johnny Weissmueller, wenn auf einmal die Buschtrommeln aufhören. Nichts war. Totale Ruhe. Ich hoffe, es braut sich nichts zusammen, denn noch drei Nächte lang bin ich PvD (Polizeiführer vom Dienst). Für 10 Städte bin ich in der Zeit der oberste diensthabende Entscheidungsträger. Also Leute, ruft mich wirr an, aber macht keinen Ärger...

Da ich euch heute nicht so recht unterhalten kann, zeige ich euch einen Artikel, den die Journalistin Ina Henrichs vom Kölner Stadtanzeiger geschrieben hat und dabei u.a. auf diesen Blog hier verweist:

Beziehungen in Bloggersdorf

Liebe Leser, ich hoffe ihr hattet ein schönes WE. ICH hatte das ganze Wochenende Spätdienst. Jeden Tag gefühlte 18 Stunden, jeden Tag ödende Langeweile. Schön, wenn die Menschen die Polizei nicht so oft brauchen. So sollte es ja sein - aber es macht meine Tage nicht gerade kurzweilig.
Wünsche euch einen guten Wochenstart. Ich fange morgen mit Nachtdiensten an, die sicher wieder das ein oder andere wirre Gespräch bringen.

Grüße vom angeödeten Steel.