3
Apr
2011

Steel, der AB

Ob meine Stimme inzwischen so monoton geworden ist, dass sie Anrufer glauben, sie hätten nur den Anrufbeantworter der Polizei erreicht und müssten eine Nachricht aufsprechen? Liebe Anrufer, sie dürfen einen DIAlog mit mir wagen ...

"Polizeinotruf."
Eine ruhige Stimme. Ein Mann mit betont korrekter Aussprache. "Ja, schönen guten Tag. Primavera, Romano (Name geändert) mein Name. Wohnhaft in W-Stadt, Soundsostraße 11. Ich bin heute mittag von meinem Neffen Danuto Primavera (N. g.), wohnhaft Anderestraße 14, in übelster Mache, äh, angemacht worden. Er hat mir Prügel angedroht und gedroht mich umzubringen. Ne!? Ich wollte Ihnen das nur mal sagen, ich bin studierter Diplombiologe, äh, ich versuche dem deutschen Staat zu helfen, wo es immer geht und äh, aber jetzt äh, Danuto Primavera kann es sich nicht erlauben seinen Onkel, der zwanzig Jahre älter ist als er selbst, den Tod anzudrohen. Also ich möchte, dass Sie das verfolgen und ich glaube, er war auch schon mal in Haft, und ich glaube, er gehört auch noch dorthin. Dankeschön." Klick.

"Äh ... Ja, danke für Ihre Nachricht ... !?"

18
Mrz
2011

Prioritäten

Jeder setzt seine Prioritäten individuell, und Prioritäten von Polizei und Bürgern sind oftmals sehr unterschiedlich gewichtet. Im folgenden Fall habe ich zweimal gestaunt, wobei ich denke, dass auch der ein oder andere von euch, selbst wenn er kein Polizist ist, andere Schwerpunkte gesetzt hätte als diese Dame ...

Eine Kollegin hat einen Notruf angenommen. Ihre Gesprächspartnerin ist sehr aufgeregt, hastig und ungeordnet. Die Kollegin versteht nicht viel mehr, als dass es Streit gab, jemand wurde geschlagen und weggenommen wurde auch jemandem etwas. Sie entsendet Kollegen.
Kurz darauf wählt die Dame erneut den Notruf, den ich dann annehme. Es folgt ein kurzer Gesprächsauszug:

"Polizeinotruf."
Die Stimme einer Frau, geschätzt Mitte bis Ende dreißig. "Ja, kommense jetzt mal endlich. Wir können den nich mehr halten un meine Freundin is schon am bluten hier."
"Ihre Freundin ist verletzt!? Benötigen Sie einen Krankenwagen?"
Ungeduldig. "Pfff, Krankenwagen. Ey, hier muss mal die Polizei kommen un den Verbrescher festnehmen. Ey, der hat die übern Boden gezogen - dat geht doch nich!"
Beharrlich. "Natürlich nicht. Die Polizei kommt ja auch. Wie schwer ist Ihre Freundin verletzt? Soll ich lieber einen Krankenwagen zu Ihnen schicken?"
Verärgert. "Boah, mann, ey. Die blutet ausser Nase, aber die steht noch und kann auch reden. Ey, jetzt schnappense den Kerl ma. Der versteckt sich da im Gebüsch, glaubich."
Seufz. "Okay. Keinen Krankenwagen. Dieser Kerl - sie kennen den, oder!?"
Unwillig. "Hmmm, joa. Ich warn paar Mal mit dem zusammen, aber dat war echt´n Fehler. Jetzt kommense und sperren dat Arschloch ein!"
Beruhigend. "Machen wir doch. Während wir uns unterhalten sind doch längst Kollegen zu Ihnen auf dem Weg. Bitte beschreiben Sie mir den Mann mal, damit die Kollegen ihn gleich beim Eintreffen oder auf der Anfaht erkennen."
Konzentriert. "Ja, okay. Also: Der hat ´n Samsung Handy, schwarze Haare ..."

22
Feb
2011

Bedrohung, Vol. II

So ganz verstanden habe ich nicht, was die Dame von mir wollte. Aber sie hat auch noch nicht so richtig verstanden, was eine Bedrohung im strafrechtlichen Sinne ist. Über das Thema hatte ich mich ja hier schon mal ausgelassen, aber vielleicht sollten wir das nochmal wiederholen ...

"Polizeinotruf."
Eine Dame mittleren Alters. "Jahaaa. Die Tochter, die is mich hier am bedrohen!"
"Ihre Tochter bedroht Sie?"
"Ja, die is am flennen, weil ich flenne!"
Nanu? "Am flennen, weil Sie flennen???"
Einlenkend. "Naja, flennen möchte."
Verlassen wir dieses Gleis."Wie alt ist denn Ihre Tochter?"
Triumphierend. "Die ist 12 - wird aber D R E I Z E H N!"
Das sagt sie so zufrieden und betont, als hätte sie jetzt einen richtig fetten Trumpf ausgespielt.
Ich habe leider immer noch Fragezeichen. "Und wie bedroht Ihre Tochter sie?"
"Na, ja. Sie droht, dass sie die Polizei anrufen will."
Seufz. "Das ist keine Drohung."
Freudig überrascht. "Nee? Nee, dann ist das erledigt" Rufend. "Eileeeeeen!? Das ist keine Drohuunnng!!!"

Äh, ja. Ich habe gerne geholfen ...

2
Feb
2011

Moral vs. Gesetz

Um wirklich alle Sachverhalte beurteilen und klären zu können, haben wir ein sehr komplexes Rechtssystem. Es ist kein Wunder, dass das Studium der Rechtswissenschaften so lang ist, und trotzdem gibt es Fälle, in denen moralische Grundsätze nicht durch das Gesetz geschützt werden. Der folgende Dialog enthält ein paar rechtliche Fragen, die ich auch recht kniffelig finde. Vielleicht diskutieren wir das mal in den Kommentaren ...

"Polizeinotruf."
Die aufgeregte Stimme eines ausländischen Mitbürgers, wahrscheinlich so Mitte fünfzig. "Ja, kommen Sie mal schnell. Hier ist Hausfriedensbruch. Ein Mann ist in der Wohnung."
"Bei Ihnen ist ein Mann in der Wohnung?"
"Nicht bei mir, bei meiner Tochter."
"Achso, und Sie sind auch bei Ihrer Tochter in der Wohnung."
"Nee, nee. Ich wohne oben drüber, gleiches Haus."
"Ah, okay. Also bei Ihrer Tochter ist ein Mann in der Wohnung. Was macht der denn da?"
"Der schläft. Kommen Sie und schmeißen Sie den raus!"
Verblüfft. "Der schläft???"
Ungeduldig. "Ja, ja. Kommen Sie, der muss weg!"
Habe noch Verständnisschwierigkeiten. "Wie kam der Mann denn in die Wohnung?"
"Ja, mein Tochter hat ihm aufgemacht."
Sortierend. "Also, ihre Tochter hat den Mann reingelassen und jetzt schläft er da. Und Ihre Tochter will, dass der Mann wieder geht, richtig!?"
"Nee, meine Tochter will, dass bleibt. Aber mein Schwiegersohn ist nicht da. Der will sicher nicht, dass der Mann da ist."
"Ja, aber, wenn Ihre Tochter will, dass ..."
Zürnend. "Egal, was Tochter sagt. Das geht nicht. Der Mann ist ihr Geliebter, der muss weg. Schwiegersohn will doch sowas nicht."
Jetzt kapiere ich das auch schon. "Achso, Ihre Tochter hat noch einen Freund ..."
Böse. "Ja, stellen Sie sich vor: Die waren nackt, die haben GEBUMST!!!"
"Sooo? Da wissen Sie ja gut Bescheid!?"
Aufgebracht. "Ja, kommen Sie schnell. Ich kann zeigen, ich habe Fotos von denen gemacht!"
Verdattert. "Sie haben Fotos gemacht, als ihre Tochter gebumst hat?"
Zufrieden. "Ja, ich habe Beweise. Jetzt haben wir Hausfriedensbruch, jetzt können Sie den rausschmeißen."
Hier ist was los ... "Ich verstehe gut, dass Sie sauer sind. Und Ihr Schwiegersohn tut mir sehr leid. Das ist überhaupt nicht in Ordnung, was Ihre Tochter macht ..."
Empört. "Ist doch verheiratete Frau, kannn doch nicht Liebhaber haben!!!"
Bedauernd. "Ja, das sehe ich auch so. ABER - das ist in Deutschland nicht verboten. Und da Ihre Tochter auch Mieterin der Wohnung ist und möchte, dass Ihr Freund sie besucht ..."
"Geht so nicht. Die haben da gebumst - und da sind doch auch die Kinder in der Wohnung!"
Aha, die alte Trumpfkarte mit den Kindern. "In welchem Zimmer haben die denn gebumst?"
"Im Schlafzimmer. Das geht nicht. Ganz nackt, und die Kinder. Der muss weg! Jetzt kommen Sie schnell!"
Langsam. "Die Kinder waren aber nicht im Schlafzimmer, oder."
"Nein, die sind im Kinderzimmer."
"Was machen die Kinder?"
"Kinder schlafen, ist doch schon spät."
"Die Kinder schlafen im Kinderzimmer, Ihre Tochter hat in ihrem eigenen Schlafzimmer Sex. Ich vermute, dass Ihre Tochter auch schon mal mit Ihrem Schwiegersohn ..."
Hastig unterbrechend "Ah, bah. Aufhören. Kommen Sie jetzt oder nicht?"
Bedauernd. "Es tut mir leid. So wie Sie mir den Sachverhalt schildern, kann ich nichts für Sie tun."
Verständnislos. "Ist unglaublich. Ich verstehe das nicht. Die sind doch verheiratet ..."

Habt ihr das rechtlich kniffelige erkannt? Haben wir einen Hausfriedensbruch oder nicht? Was wäre, wenn der Schwiegersohn auch in der Wohnung gewesen wäre und verlangt hätte, dass wir seinen Nebenbuhler raus schmeißen? Was wäre, wenn der Gehörnte von dem fremden Mann wüsste, und bereits klar gemacht hätte, dass er den Mann nicht in seiner Wohnung haben will, auch wenn er abwesend ist?

21
Jan
2011

Laut hören

Die Ansprüche an die Polizei steigen und auch die Anforderungen an jeden einzelnen Polizisten werden immer schwieriger zu erfüllen. Vor ca. 2 Jahren fiel es mir schon schwer den Wunsch einer Dame zu erfüllen, was meine Stimmlage angeht. Ich fühlte mich auch etwas überfordert, als eine Dame mich Anfang der Woche rügte, weil ich meinen Geräuschpegel beim Lauschen nicht optimal reguliert habe ...

"Polizeinotruf."
Die fröhliche Stimme einer jungen Frau. "Ja, Vorname Nachname. Hier hat es einen Unfall gegeben. Ich reiche das Handy mal weiter, ja!?"
"Ja, ist in Ordnung."
Die Stimme einer Frau um die 50, leicht barsch. "Hallo?"
"Polizeinotruf, guten Tag."
"Ja, also ich hatte hier einen Unfall ... blablabla ... von links gekommen ... blablabla ... nicht aufgepasst ... blablabla - PAUSE - Hallo? Sind Sie eigentlich noch da?"
"Ja, ich höre Ihnen aufmerksam zu."
Erbost. "Aha, ja da habe ich aber nichts von gehört!"

17
Jan
2011

Alles nass

Es gibt Anrufer, denen muss man alles aus der Nase ziehen. Und dann gibt es Leute, bei denen Zuhören schon völlig ausreicht ...

"Polizeinotruf."
Die Stimme einer älteren Dame, leicht gehetzt: "Ja, es ist grausam. Die körperliche Misshandlung hört nicht auf. Ich bin noch keine zwei Stunden im Bett, zwei Stunden, da bin ich pitschepatschenass - meinen Sie, ich habe noch Lust ins Bett zu gehen? Das geht jetzt schon Tage. Und jetzt schon wieder. Ich kann ja gar nicht mehr in das Bett gehen, ich ekel mich ja schon davor, ich wohne in H-Stadt, F-Straße, die sind hier alle zuständig. Es wäre nett, wenn Sie uns mal helfen würden!"
Klick.

18
Dez
2010

Schule

Ich habe ja schön öfter versucht darzustellen, was Notfälle sind. Leider ist der Missbrauch der Nummer 110 noch immer sehr, sehr häufig. Dann gibt es aber auch Anrufe, die zwar rein rechtlich nicht unbedingt der Definition eines Notfalles entsprechen, für mich aber schon nachvollziehbar sind. Der folgende Anruf dürfte für fast alle, die mal jung waren und sich daran erinnern verständlich sein ...

Morgens, ca. halb acht.

"Polizeinotruf."
Eine junge Stimme, leicht verzweifelt, etwas gehetzt. "Guten Morgen. Ich habe Frage: Besteht in NRW eigentlich wirklich die Schulpflicht...?!"

Stau

Von Mittwoch auf Donnerstag bekamen wir nachts viele Anrufe. Aber eigentlich nur von der Autobahn. Die häufigste Frage, die meist auch nicht beantwortet wird, ist natürlich "Hey, wieso ist denn da Stau?". Viele regen sich auf, wollen bevorzugt behandelt werden, beschimpfen uns und machen uns für den Schnee verantwortlich. Und dann gibt es einige wenige, die auch in kilometerlangen, verschneiten Staus die Ruhe weg haben ...

"Polizeinotruf."
Eine Männerstimme, tief, ganz ruhig. "Guten Abend. Ich stehe hier auf der Autobahn schon recht lange im Stau ..."
Seufz. Habe ich heute schon verdammt oft gehört. "Jaaaaa?"
Bedächtig. "... da wollte ich mal fragen: Muss ich hier eigentlich die ganze Zeit auf Standby bleiben und aufpassen oder kann ich nach hinten auf den Rücksitz und schlafen?"

13
Dez
2010

Banküberfall

Letzte Woche kommt kurz vor Ende des Frühdienstes ein Überfallalarm rein. Kommt öfter vor, meistens ist eine tapsige Putzfrau schuld. Diesmal aber zur Mittagszeit. Zweimal hintereinander - nicht gut. War tatsächlich echt. Eine Stunde nach dem Überfall ist es uns gelungen, den Täter festzunehmen, juhu. Der eigentliche Held aber war für mich dieser junge Bankangestellte ...

Täter steht mit Pistole vor dem Bankangestellten. "Geben Sie mir sofort X-Tausend Euro!"
Der Banker in bedauerndem Ton. "Oh, so viel haben wir im Moment nicht. Da müssten Sie heute abend noch mal wiederkommen ..."
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